Low-Code-gestützte ERP-Weiterentwicklung in einem KMU

Wie die Wettbewerbsfähigkeit eines KMU im Maschinenbau gesichert werden kann

Success Story Reiser AG

Include the value creation network in the provision of digital tools

The initial situation

Bisher konnte sich die Belegschaft der Reiser AG weitgehend selbst unterstützen. Das intern entwickelte Verwaltungs- und Managementsystem ermöglichte einerseits eine hohe Anpassungsfähigkeit der IT-Infrastruktur an veränderte Rahmenbedingungen. Andererseits konnten bei Problemen kurzfristig Lösungen implementiert werden, da das System im Unternehmen selbst entwickelt wurde.

Zunehmend zeigte sich jedoch eine strukturelle Problematik: Das eigenentwickelte ERP-System erforderte einen erheblichen Aufwand für Pflege und Weiterentwicklung. Da diese Aufgaben maßgeblich von Mitarbeitern mit weiteren Zuständigkeiten übernommen wurden, standen für strategische Führungs- und Entwicklungsaufgaben entsprechend weniger Kapazitäten zur Verfügung. Parallel dazu stießen die Mitarbeitenden bei der Weiterentwicklung der Software zur verbesserten Abbildung betrieblicher Prozesse an technische Grenzen. So ließ sich das bestehende System beispielsweise nicht für die Nutzung auf mobilen Endgeräten darstellen, und eine generelle Skalierung mit den vorhandenen Hard- und Software-Ressourcen war nicht mehr ohne Weiteres möglich.

The Challenge

Das Maschinenbauunternehmen stand vor der Aufgabe, ein vollständig selbst entwickeltes ERP-System, das auf Microsoft Access basierte, in eine moderne, skalierbare IT-Architektur zu überführen. Diese sollte langfristig den Betrieb sichern, die Integration neuer Technologien ermöglichen und bestehende Insellösungen ablösen. Zugleich bestand die Zielsetzung darin, einzelne Module (z. B. Logistik) zukünftig als Web-Apps mobil nutzbar zu machen.

Die Ausgangslage war durch zwei zentrale Herausforderungen geprägt:

  1. Fehlende Expertise im Bereich IT-Architektur und Low-Code: Innerhalb des Unternehmens lagen nur begrenzte Kenntnisse zur strukturierten Bewertung von IT-Architekturen sowie zum Einsatz von Low-Code-Plattformen vor.
  2. Restriktive Ressourcenlage: Aufgrund der Unternehmensgröße waren sowohl personelle als auch finanzielle Kapazitäten limitiert, was eine pragmatische und priorisierte Vorgehensweise erforderlich machte.

Die Zielsetzung bestand folglich darin, die langfristigen Anforderungen an das zukünftige ERP-System zu erheben, die bestehende Softwarearchitektur zu bewerten, potenziell geeignete Low-Code-Ansätze zu identifizieren und eine Plattform auszuwählen, die sowohl technische als auch organisatorische Kriterien erfüllt.

The Approach

Das Projekt wurde in mehreren Arbeitspaketen umgesetzt:

  1. Anforderungsaufnahme: Durch die systematische Erhebung von funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen, formuliert in Form von User Stories, konnten die unternehmensspezifischen Bedarfe strukturiert abgebildet werden. Eine Differenzierung zwischen „Must-Have“- und „Nice-to-Have“-Kriterien erleichterte die spätere Bewertung von IT-Architektur und Softwarelösungen.
  2. Bewertung der IT-Architektur und Konzeption einer Zielarchitektur: Auf Basis der erhobenen Anforderungen wurde eine Zielarchitektur entworfen, die die Migration der bestehenden Access-Datenbanken nach SQL vorsieht und gleichzeitig die Integration einer Low-Code-Plattform ermöglicht. Besondere Berücksichtigung fanden dabei Anforderungen an
    • die Anpassbarkeit des Frontends,
    • den Quellcodezugriff,
    • die Einbindung standardisierter Schnittstellen sowie
    • die Möglichkeit einer versionskontrollierten Weiterentwicklung.

The Solution

Auswahl einer Low-Code-Plattform: Im Rahmen einer mehrstufigen Marktanalyse wurde die Zahl potenzieller Anbieter von ursprünglich 24 auf 10 und schließlich auf 4 reduziert. Die Auswahl erfolgte anhand definierter Kriterien wie technologische Integrationsfähigkeit, wirtschaftliche Stabilität der Anbieter, Lizenz- und Kostenmodelle sowie Supportleistungen. In vertieften Evaluationsgesprächen konnten schließlich ein „Preis-Leistungs-Sieger“ und ein „Leistungssieger“ identifiziert werden. Aufgrund der höheren Zukunftssicherheit entschied sich das Unternehmen für den Leistungssieger

Results and benefits

Aus der Projektdurchführung lassen sich mehrere wissenschaftlich relevante Erkenntnisse ableiten:

  • Bedeutung der systematischen Anforderungsanalyse: Insbesondere für KMU mit geringer IT-Expertise ist eine strukturierte Erhebung und Priorisierung der Anforderungen essenziell, um die Komplexität von Architektur- und Plattformentscheidungen zu reduzieren.
  • Low-Code als strategisches Werkzeug: Der Einsatz von Low-Code kann maßgeblich zur Flexibilisierung der ERP-Weiterentwicklung beitragen. Voraussetzung ist jedoch die Berücksichtigung von Governance-Kriterien wie Quellcodezugriff, Versionskontrolle und Integrationsfähigkeit, um Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern zu vermeiden.
  • Mehrstufiges Auswahlverfahren als Risikoreduktionsstrategie: Die sukzessive Eingrenzung der Anbieterzahl kombiniert mit qualitativen Tiefenanalysen erlaubt eine fundierte Entscheidung unter gleichzeitiger Berücksichtigung von Wirtschaftlichkeit und technologischer Zukunftsfähigkeit.

Insgesamt zeigt das Projekt, dass auch kleine produzierende Unternehmen mit begrenzten Ressourcen durch methodisches Vorgehen und den gezielten Einsatz von Low-Code-Technologien ihre ERP-Systemlandschaft schrittweise modernisieren und gleichzeitig eine strategische Grundlage für zukünftige digitale Geschäftsprozesse schaffen können. Das Projekt wurde erfolgreich umgesetzt und EDIH hat hiermit einen wesentlichen Mehrwert vollbracht: nämlich ein KMU bei der Digitalisierung zu Unterstützen.

Dieses Projekt wurde Im Rahmen des EDIH-Projekts durch das FIR at the RWTH Aachen durchgeführt.